Ein kurzer geschichtlicher Abriss – von Freud bis jetzt
Es ist das Verdienst von Sigmund Freud, der durch seine intensive Beschäftigung mit der Symptomatik von Hysterikerinnen, der inneren Logik des Traums schließlich zur Entdeckung der unbewussten Seelentätigkeit beim Kranken und beim Gesunden gelangte. Seine Erkenntnisse über die Gesetzmäßigkeiten der Austauschbeziehungen zwischen Bewusstem und Unbewusstem brachte er in den Jahren zwischen 1900 und 1910 in ein zunehmend systematisiertes Theoriegebäude – die von ihm so genannte Psychoanalyse.
Mit dem topographischen Modell (unbewusst – vorbewusst – bewusst) entwickelte Freud ein erstes umfassendes Konzept der innerseelischen Dynamik. Nach Freud ist unser Unbewusstes beherrscht vom Gegensatz so genannter Triebe (Sexualität und Aggression), was ihn schließlich zur Formulierung des Strukturmodells brachte (in dem die seelischen Spannungen als Ergebnis des Konflikts zwischen den drei zentralen seelischen Instanzen Es, Ich und Überich verstanden werden).
Seit 1902 traf sich in den Praxisräumen Freuds in der Wiener Berggasse die so genannte Mittwochsgesellschaft, Kollegen, die sich für die psychoanalytische Methode interessierten. Seit 1908 nennt sich diese Gruppe Wiener Psychoanalytische Vereinigung. 1910 wurde die Internationale Psychoanalytische Vereinigung ins Leben gerufen. 1917 veröffentlichte Freud schließlich die „Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse“, in denen die Psychoanalyse nicht nur als Methode, sondern auch als umfassende Persönlichkeitstheorie dargestellt wird.
Nach dem ersten Weltkrieg setzt eine Tendenz zur Systematisierung der Ausbildung zum Psychoanalytiker ein, die 1920 in Berlin und 1924 in Wien zur Institutionalisierung der „Lehranalyse“ als unabdingbare Forderung der Ausbildung führt. Von 1920 – 1933 erlebt die Psychoanalyse eine starke Ausbreitung und wird zu einer führenden Psychotherapieform. Freuds Beiträge zur Kulturtheorie etablieren die Psychoanalyse auch im Bereich der Human- und Kulturwissenschaften.
Ab 1933 beginnt in Deutschland die Zerstörung der Psychoanalyse durch die Nationalsozialisten. 1938 wird die Wiener Psychoanalytische Vereinigung am Tag nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich aufgelöst. In den Jahren des 2. Weltkrieges entfaltet die Psychoanalyse vor allem in Großbritannien und den Vereinigten Staaten großen Einfluss im Bereich der Psychiatrie, Psychologie, Sozialarbeit und der psychosomatischen Medizin.
Im April 1946 konnte die Wiener Psychoanalytische Vereinigung unter August Aichhorn ihre Tätigkeit wieder aufnehmen, fand sofort Anschluss an die Internationale Psychoanalytische Vereinigung. Seit 1947 entwickelten sich die von Igor Alexander Caruso gegründeten Österreichischen Arbeitskreise für Tiefenpsychologie, die ursprünglich – im Unterschied zur „Wiener Psychoanalytischen Vereinigung“ – nicht orthodox freudianisch orientiert waren. Auf diese Tradition geht auch der APLG zurück.